Neun-Uhr-Glöckle
Beschreibung
Jeden Abend um neun Uhr können die Rosenfelder das Neun-Uhr-Glöckle auf dem "Alten Rathaus" läuten hören. Mit diesem Glöckle verbindet sich folgende Sage:
In längst vergangenen Tagen besuchte Graf Eberhard seine Stadt Rosenfeld mit den dazu gehörenden Ortschaften. Auf dieser beschwerlichen Reise von Stuttgart her wurde er von einem Großteil seines Hofstaates begleitet. Der Graf logierte selbstverständlich im Schloss von Rosenfeld.
Nach vielen Empfängen und Besprechungen machte Graf Eberhard mit seinem Gefolge einen Ausflug in die nähere Umgebung Rosenfelds. Bei der Rückkehr hinter die schützenden Stadtmauern stellte der Graf mit großer Sorge fest, dass ein ihm sehr nahe stehendes Hoffräulein fehlte. Es musste sich wohl in dem unwegsamen Gelände oder in den dichten Wäldern verirrt haben. Der Graf war untröstlich. Sofort wurde nach dem Edelfräulein gesucht. Aber trotz größter Anstrengung - sogar der Graf suchte mit - konnte das Edelfräulein nicht gefunden werden. Langsam wurde es dunkel, und die Gesellschaft kehrte zurück hinter die Stadtmauern, auch wartete ja ein Festbankett auf sie. Dabei bemühten sich die anderen Edelfräulein, den betrübten Grafen etwas aufzumuntern.
Wie jeden Abend läutete der Torknecht um 9 Uhr das Torglöckle, um den Bürgern und Reisenden anzuzeigen, dass er nun das Tor bald schließen werde. Denn Feinde und wilde Tiere sollten in der dunklen Nacht nicht in die Stadt gelangen können. Wenn Reisende nach Torschluss kamen, öffnete ihnen der Torknecht nur, wenn sie ihm dafür ein extra Torgeld bezahlten.
Der Torknecht hatte schon einige Zeit das Tor geschlossen, als er ein schwaches Pochen vernahm. Neugierig öffnete er das Tor. Wie erstaunt und erfreut war er, als er das vermisste Edelfräulein vor sich stehen sah. Das Läuten des Neun-Uhr-Glöckle hatte es auf den richtigen Weg geführt.
Trotz der zerrissenen und schmutzigen Kleider geleitete der Torknecht es sofort durch die dunklen Gassen zu der Festgesellschaft. Der Graf war so glücklich über das wiedergefundene Edelfräulein, dass er den Rosenfeldern eine Freude machen wollte: Er schenkte ihnen den Kirnbergwald als Lehen. Die Rosenfelder fühlten sich im Glück, war dieser Wald doch mehrere hundert Morgen groß, wies einen alten Baumbestand auf und stellte deshalb ein beachtliches Vermögen dar. Allerdings stellte der Graf eine Bedingung: Jeden Abend muss für alle Zeiten um 9 Uhr das Glöckle geläutet werden, um verirrten Wanderern den richtigen Weg zu weisen.